Während die meisten Social-Media-Trends in derselben Lichtgeschwindigkeit von Bildfläche und Handyscreen verschwinden, wie sie aufpoppen, sind manche etwas hartnäckiger. Seit einiger Zeit ist das Internet jedenfalls im Girl-Zeitalter angekommen: Wir hören “sad girl music”, während wir mit “hot girl walks” an unserer mentalen Gesundheit arbeiten.
Wir kramen im Kühlschrank nach etwas Essbaren und bereiten damit unser “girl dinner” zu, kaufen uns für die “clean girl”-Beauty-Routine ein Gesichtsserum, das nach Adam Riese an die 100 Euro kostet, dank einer semi-desillusionierten Rechtfertigung (oder auch: “girl math”) aber quasi gar nix. Und egal ob man sich eher als “that girl”, “tomato girl” oder “feral girl” sieht, vereint uns alle das Gefühl der “Girlhood”. Dazu gehören manchmal eben virale Bewegungen, die abwertende Stereotypen zurückfordern. Und die Gewissheit als Frau und queere Person oft strukturell benachteiligt zu sein.
Darauf erst mal die “sad girl music” lauter drehen. Oder, um das Patriarchat besser auszublenden, ein paar Tracks von Rosa Red: Die DJ und Produzentin kreiert mit ihrer psychedelischen Electronica den besten Hörstoff, um schlechte Schwingungen einfach wegzutanzen. “Move your body”, befehlen zum Beispiel die Vocals in “Acid Wave”. Die Single stammt aus ihrer jüngsten EP “Rhapsody”, die zwischen House, Acid und Elektro in tempogeladene Beats und sphärisch-euphorische Klänge eintaucht.
Wie gut ihr der Spagat zwischen mystisch und motivierend gelingt, beweist die Wahlberlinerin aus Oberbayern schon seit einigen Jahren mit ihren DJ-Sets. Nachdem sie ihren musikalischen Startschuss als Bassistin in einer Münchner Shoegaze-Band hatte, wurde sie später von der heimischen Vinyl-Sammlung angeregt, (zunächst) mit Schallplatten aufzulegen und gab ihren tranceartigen Disco-Sound auf Funkpartys zum Besten. Den elektrisierenden Groove behielt sie bei, probierte sich schließlich auch im Produzieren und bestückte ihren Debüt-Kurzspieler “Feels” von 2022 mit Psychedelic-Rock-Nuancen.
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Musikalisch wie optisch: Das Cover, auf dem Neonpink und Rot miteinander verschmelzen, hat sie selbst entworfen. Weil Rosa ein Girl der vielen Talente ist. Neben ihrem Musikerinnen-Dasein arbeitet sie unter ihrem bürgerlichen Namen Rosa Kammermeier als Grafikdesignerin und Illustratorin – mit Kunden von der Goldenen Bar bis Google. Ihre Ästhetik ist dabei nicht weniger empowernd als ihre Musik: Wenn nicht gerade gut-gelaunte Pilze in ihren Bildern rumtanzen oder ein Pferd gen Sonne, Mond und Sterne galoppiert, sind meist Frauen das Motiv – in Netzstrümpfen und knallroten Plateaustiefeln, die Faust in die Luft reißend oder mit flammender Mähne.
Dass sie mal von ihrer Kunst leben möchte, wusste Kammermeier schon immer, ihr Opa hatte als Landschaftsmaler gearbeitet. Sie wusste darum aber auch um die finanziellen Hürden. Zwischen Freelancer-Dasein, Festanstellungen und dem anfänglichen Feedback, ihr Stil sei zu besonders, gelang es ihr schließlich, sich mit mehreren internationalen Projekten zu etablieren. Ihre Rechnung ist aufgegangen. Nicht nur nach “girl math”.
Rosa Red, Freitag, 23. Februar, 23 Uhr, Blitz Club, Museumsinsel 1